Als Anne Le Moigne beschließt, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen, hat sie bereits mehr als 20 Jahre Erfahrung in einem völlig anderen Bereich als dem, der sie erwartet. Sie wechselt von der Luftfahrt und dem Personalwesen zur Bäckerei und Konditorei. Sie ist davon überzeugt, dass das Know-how à la française in Luxemburg Potenzial haben kann, und sie wird Recht behalten! In unserem Gespräch wollten wir ihre Berufswahl sowie die Schritte, die sie im Hinblick auf die Übernahme von BioScott unternommen hat, verstehen. Begleitet wurde Sie vonseiten der Spuerkeess von Franck Alter, Experte für „Unternehmensübertragung“. Viel Spaß beim Lesen!
Unternehmensübertragung: Als sich für BioScott die Gelegenheit bot, den Hauptkonkurrenten Bakhaus zu übernehmen
Als Anne Le Moigne beschließt, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen, hat sie bereits mehr als 20 Jahre Erfahrung in einem völlig anderen Bereich als dem, der sie erwartet. Sie wechselt von der Luftfahrt und dem Personalwesen zur Bäckerei und Konditorei. Sie ist davon überzeugt, dass das Know-how à la française in Luxemburg Potenzial haben kann, und sie wird Recht behalten! In unserem Gespräch wollten wir ihre Berufswahl sowie die Schritte, die sie im Hinblick auf die Übernahme von BioScott unternommen hat, verstehen. Begleitet wurde Sie vonseiten der Spuerkeess von Franck Alter, Experte für „Unternehmensübertragung“. Viel Spaß beim Lesen!
Bakhaus – bio auf ganzer Linie
Die Bäckerei und Konditorei Bakhaus wurde 1983 gegründet. Ihre Markenzeichen sind die handwerkliche Herstellung und ihr Sortiment an Bio-Produkten wie Brötchen, Feingebäck, Tartes und Törtchen sowie bestimmten Nischenprodukten wie veganen Konditoreiwaren. Beim Vertrieb ihrer Produkte kann sie auf ein Netz aus Partnern wie beispielsweise Naturata, La Provençale, Alavita, Colabor, Niessen und Glow zählen.
In unserem Studio übergaben wir das Mikrofon Anne Le Moigne, der Geschäftsführerin von BioScott in Luxemburg, das Wort. Interview von Irène De Muur
Wer genau ist Anne Le Moigne?
Anne Le Moigne stammt aus einer Unternehmerfamilie. Ihre Eltern, Onkel und Tanten sind allesamt Unternehmer. Als leidenschaftliche Bäckerin und Konditorin – zwei ausgesprochen französische Berufe, die sich jedoch gut in alle Welt exportieren lassen – sagte sie sich, dass es in Luxemburg vielleicht die Chance für eine Bäckerei und Konditorei à la française gäbe. So gründete sie 2016 „Tartefine“ in Bonneweg. Einige Jahre später kaufte sie mit „BioScott“ ein zweites Unternehmen hinzu, das wiederum „Bakhaus“ übernommen hat. Zudem hat sie die Konditorei „Cayotte“ in Esch erworben. Heute steht Anne an der Spitze von drei verschiedenen Unternehmen.
Allerdings ist sie nicht zu Beginn ihrer beruflichen Laufbahn unter die Unternehmer gegangen, sondern nahezu auf halber Wegstrecke. Ihre Karriere beginnt sie als Stewardess in der Luftverkehrsbranche, wo sie die Stufen der Karriereleiter erklimmt und schließlich Flugpersonalleiterin wird. Nach 20 Jahren im Luftfahrtsektor erwacht in der Französin wie bei den anderen Mitgliedern ihrer Familie der Wunsch, ein Unternehmen zu gründen und damit etwas für sich selbst zu erschaffen.
Wie sind Sie von der Luftfahrt und dem Personalwesen in der Welt der Bäckerei und Konditorei gelandet?
Zu Beginn meines Werdegangs war ich als Flugbegleiterin in der Luftfahrt in Frankreich tätig und habe mich im Laufe der Jahre innerhalb dieser Branche zunehmend auf das Personalwesen verlagert. Eine der mit viel Verantwortung behafteten Funktionen, die ich innehatte, bestand in der Ausbildung der Teams und der Umsetzung der EU-Vorschriften für die zivile Luftfahrt bei den 400 Stewardessen und Stewards, die ich führen durfte.
Als ich eines Tages an einem Wendepunkt in meiner Laufbahn angelangt war, habe ich mich dazu entschlossen, den Luftfahrtsektor zu verlassen und meine Kündigung einzureichen, wobei ich damals noch keine genaue Vorstellung davon hatte, was die Zukunft für mich bereithalten würde. Ich habe also mit der Geschäftsführung über meinen Ausstieg verhandelt und diese Chance dazu genutzt, eine Ausbildung zur Konditorin zu absolvieren, was einer schon lange gehegten Leidenschaft entsprach. Überdies besitze ich auch ein Diplom als Qualitätsprüferin für die zivile Luftfahrt. So standen mir für meine weitere Karriere zwei Optionen offen: die Konditorei und das Auditwesen.
Aus purem Zufall habe ich mich geografisch umorientiert, als mir ein Freund vorschlug, nach Luxemburg zu ziehen und dort als Ausbilderin in einer Geschäftsfluggesellschaft zu arbeiten. Da ich mit dieser Rolle bereits vertraut war, habe ich mich für eine kurze Zeit auf diese Erfahrung eingelassen und bin anschließend in das Personalmanagement zurückgekehrt, um letztlich jedoch eine völlig andere berufliche Richtung einzuschlagen. Nach 20 Jahren in der Flugbranche war ich bereit, dieser endgültig den Rücken zu kehren, wobei ich nur eines im Sinn hatte: mein eigenes Unternehmen zu gründen.
So habe ich mich an die Handelskammer gewandt, um Orientierungshilfe für die Verwirklichung meines Gründungstraums einzuholen, und am Programm „Fit4entrepreneurship“ teilgenommen. Dadurch habe ich verstanden, wie Luxemburg funktioniert, wie man ein Unternehmen auf die Beine stellt etc.
Im Anschluss an diese tolle Erfahrung habe ich 2016 meine erste Bäckerei und Konditorei „Tartefine“ in Bonneweg eröffnet. 2018 bot sich die Gelegenheit, die Bio-Bäckerei und -Konditorei „Scott“ in Gasperich zu erwerben, wobei es von vornherein mein Ziel war, sie weiter auszubauen.
Die Gelegenheit zur Übernahme des Unternehmens. Was hat Sie dazu bewogen, das Unternehmen „Oiko-Bakhaus“ zu übernehmen und in „BioScott“ einzugliedern?
Ich merkte bald, dass meine Produktionsstätte zu klein geworden war, um der starken Nachfrage gerecht zu werden, und begann somit, nach neuen Räumlichkeiten Ausschau zu halten, um meine Produktionskapazität zu erhöhen. Allerdings ist eine Fläche von 700 bis 1000 m² überaus teuer und zudem alles andere als leicht zu finden. Somit habe ich jede Gelegenheit wahrgenommen, um über mein Netzwerk auf meinen Raumbedarf hinzuweisen, um so schnell wie möglich über geeignete Gelegenheiten Kenntnis zu erhalten. Und eines Tages klingelte mein Telefon – und am anderen Ende der Leitung erklang die Stimme meines Hauptkonkurrenten, der mir anbot, seine Firma „Bakhaus“ zu übernehmen.
Ich hatte gar nicht mit dem Gedanken gespielt, ein Unternehmen zu übernehmen, da ich lediglich auf der Suche nach größeren Räumlichkeiten war. Auch war mir nicht bekannt, dass mein Hauptkonkurrent demnächst den Ruhestand antreten würde. Letztlich war die Firmenübernahme für mich aber der weniger riskante Weg, da ich mit „Bakhaus“ ein gut ausgestattetes Unternehmen erwarb, das Umsatzzahlen und einen Kundenstamm vorweisen konnte. In der Tat verfügte „Bakhaus“ über eine jüngst renovierte Backstube mit einer Fläche von über 700 m² in Münsbach und zählte klingende Namen zu seinem Kundenstamm: Naturata, La Provençale, Alavita ...
Wir kamen also ins Gespräch, und ich habe das Unternehmen am 1. Januar 2024 gekauft, nur zwei Monate nach der ersten Kontaktaufnahme.
Ihre persönliche Note. Welche Änderungen haben Sie anlässlich der Übernahme eingeführt?
Bei der Übernahme war es mir wichtig, von bestimmten Bedingungen zu profitieren, insbesondere in kaufmännischer Hinsicht. Da „Bakhaus“ bereits bevorzugte Partnerschaften zu bestimmten Anbietern aufgebaut hatte, ging es mir darum, dass diese mich zum Zeitpunkt der Unternehmensübernahme bei meinem Vorgehen unterstützten, um gemeinsam neue Produkte entwickeln zu können und eine fruchtbare Zusammenarbeit sowie eine erfolgreiche Unternehmensentwicklung sicherzustellen.
Auf diese Weise sind wir zum bevorzugten Lieferanten für mehrere unter ihnen geworden, was es mir erlaubt hat, das Unternehmen weiterzuentwickeln und wachsen zu lassen. Da es mein Wunsch ist, mit lokalen Akteuren ‚Made in Luxemburg‘ zusammenzuarbeiten, habe ich mich an neu niedergelassene Landwirte gewandt, die es mir ermöglichen, luxemburgische Ausgangszutaten wie Eier und Mehl zu beziehen. Es ist mir überdies gelungen, Produktneuheiten einzuführen wie etwa unsere zu 100% aus luxemburgischem Dinkel gebackenen Boxemännercher.
Überdies habe ich mir Unterstützung in Form von zwei neuen Mitarbeiterinnen hinzugeholt, die mir bei administrativen Aufgaben und der Kommunikation helfen, zwei sehr wichtigen Arbeitsfeldern. Dies schafft mir zeitliche Freiräume, um eine klare Vision für das Unternehmen zu entwickeln. Auf diese Weise bin ich mir bewusst geworden, dass Investitionen in unsere Infrastruktur erforderlich sind. So benötigen wir eine zusätzliche Küche sowie einen tiefgekühlten Lagerraum, um eine Palette aus Tiefkühlprodukten für unsere Partner im Großherzogtum und unsere künftigen europäischen Kunden entwickeln zu können.
Die Orientierung am Kunden steht bei uns im Mittelpunkt. Aus diesem Grund befrage ich meine Verkäuferinnen regelmäßig zur Resonanz der Kunden und zu deren Wünschen. Parallel hierzu behalte ich kontinuierlich das Wettbewerbsumfeld mit den aktuellen Marktentwicklungen im Blick. Hiervon ausgehend entscheiden wir, ob wir eine neue Produktreihe auflegen oder nicht. Ich stehe im fortlaufenden Austausch mit meinen Partnern, um das Feedback ihrer zehn Verkaufsstellen bezüglich der Kundenwünsche einzuholen. Zum Beispiel testen wir vegane und glutenfreie Produkte und produzieren sie in größerem Maßstab, wenn sie am Markt gut angenommen werden.
Die Übernahme. Welche Schritte mussten Sie für eine reibungslose Unternehmensübergabe meistern?
Die allererste Etappe bestand darin, im Dialog mit dem Verkäufer zu einer Einigung über die Bedingungen der Übernahme zu gelangen. Anschließend galt es, zu entscheiden, mit welchem Bankpartner wir kooperieren wollten. Da „Bakhaus“ bereits mit Spuerkeess zusammenarbeitete, hat mich der Geschäftsführer seinem Bankberater vorgestellt, und wir haben die gesamte Übernahme gemeinsam gemanagt.
Meine größte Sorge galt nicht dem Bankenaspekt, sondern der Aufstellung der beiden Teams. Nachdem auf kaufmännischer Seite alles geregelt und der Bankenpartner ausgewählt war, hat mich die zwischenmenschliche Komponente am meisten beschäftigt.
Bei der Übernahme von „Bakhaus“ und seinen Mitarbeitern ist unser „BioScott“-Team zum „Bakhaus“-Team in deren Räumlichkeiten in Münsbach gezogen, ohne dass sich die Angestellten untereinander kannten. Sie waren sich nie zuvor begegnet, und wenngleich wir Produkte führten, die sich stark ähnelten, arbeiteten wir nach unterschiedlichen Rezepten. Ich habe also sämtliche Mitarbeiter befragt, um eine Auflistung der besten Rezepte und des Know-hows beider Unternehmen zu erstellen und das jeweils beste zu behalten.
Eine lange Etappe bestand darin, die Belegschaften zu verschmelzen, um eigene Rezepte für dieses neue Unternehmen zu entwickeln und dieses zum Laufen zu bringen. Es hat nahezu sechs Monate gedauert, bis alle die Anpassung bewältigt hatten, was eine hochintensive Arbeit in puncto Mitarbeiterbeziehungen darstellte, die jedoch hervorragend geklappt hat.
Die Bankbeziehung. Welche Kriterien waren bei der Wahl Ihrer Bank ausschlaggebend?
Ich war privat bereits Spuerkeess-Kundin, doch als Geschäftskundenbank war mir Spuerkeess noch unbekannt. Da der Verkäufer jedoch seit vielen Jahren mit Spuerkeess zusammengearbeitet hatte, lief alles ganz unkompliziert.
Ich war angenehm überrascht von der Betreuung, die ich genossen habe, und der Dynamik, mit der Spuerkeess diese Transaktion vorangetrieben hat, die somit sehr zügig abgewickelt wurde. Für mich war fantastisch, dass in nur drei Monaten alles unterschrieben war.
Annes Tipp an zukünftige Unternehmensübernehmer
In Verhandlung mit einer Bank ist es immer einfacher, ein Unternehmen zu übernehmen als eines zu gründen, da bereits eine Bilanz vorliegt und die Firma bekannt ist. Sofern man nicht allzu viele Fehler macht, sollte es klappen. Dieses Modell ist mit weniger Unwägbarkeiten verbunden als eine Unternehmensgründung. Damit es funktioniert, muss der Unternehmenskäufer jedoch auch seine Grenzen kennen, um das Unternehmen kaufen und den Kredit zurückzahlen zu können. Das Unternehmen muss also rentabel sein und Gewinne erwirtschaften.
Der Verkäufer wiederum muss sich dem Markt anpassen und der Tatsache Rechnung tragen, dass sich der Übernehmer verschulden wird. Heute sind die Zinsen nun einmal hoch, was sich als zusätzliche Belastung auf das Unternehmen niederschlagen wird.