Thorunn Egilsdottir
Corporate Communication Manager
15. Oktober 2021

Wie nachhaltig sind Elektroautos?

Verbringen Elektro-Autofahrer ihr halbes Leben an der Ladesäule? Wie umweltfreundlich sind E-Autos wirklich? Dr. Felix Urbain, leitender Innovationsberater bei Nordic Innovators P/S, kennt die Antworten.

1. Sie stecken in Mobiltelefonen, Laptops, Mährobotern, Rasierern oder E-Bikes: Tausende von Tonnen Kupfer werden für unsere Alltagsgeräte verarbeitet.

Wie viel Kupfer wird etwa in unseren Autos verbaut – unabhängig davon, ob diese einen Verbrennungsmotor haben oder elektrisch angetrieben werden?

Elektrofahrzeuge (EVs) enthalten zwischen 82 und 85 kg Kupfer. Dieser stellt einen der kritischsten Rohstoffe für EVs dar und wird vornehmlich für die Drähte im Elektromotor und die elektrischen Anschlüsse für die Elektronik und die Akkupacks genutzt. Im Vergleich zu herkömmlichen Fahrzeugen wird für heutige EVs fast die vierfache Menge an Kupfer verbraucht.

In der Tat werden in dem Maße, in dem wir uns dem Ziel von null Nettoemissionen annähern, Rekordmengen an Kupfer erforderlich sein, nicht nur für EVs, sondern auch für Solarmodule, Windkraftanlagen und Speicher Akkus. Deshalb ist nur zu hoffen, dass sich die Bergbauindustrie ihrer Verantwortung beim bevorstehenden Boom stellt und die Nachhaltigkeitsprobleme bei der Kupfergewinnung nicht unter den Teppich kehrt.

2. Elektroautos brauchen Akkus, die jedoch Kobalt und Lithium enthalten. Wie schädlich ist dies für den globalen Wasserkreislauf?

Die derzeitige öffentliche Debatte zu Elektromobilität lässt den Eindruck entstehen, dass sowohl Kobalt als auch Lithium ausschließlich unter unmenschlichen Bedingungen abgebaut werden. Dies gilt es in beiden Fällen jedoch zu relativieren.

Was Kobalt betrifft, stammen laut der deutschen Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe weit über 80% des Kobalterzes aus den Industriebergwerken internationaler Großunternehmen, bei denen davon auszugehen ist, dass zum Beispiel Kinderarbeit keine Rolle spielt.

Wissenschaftlichen Daten zufolge werden bei der Herstellung von einem Kilogramm Lithium (aus der Verdunstung in Solebecken) rund 2.000 Liter Wasser benötigt. Um einen großen TESLA-Akku (100 kWh) zu produzieren, der rund 7 kg reines Lithium erfordert, beläuft sich der Wasserverbrauch somit auf rund 14.000 Liter. Dies ist ohne Frage ein beängstigend hoher Wert. Dabei muss jedoch bedacht werden, dass das aus dem Boden an die Erdoberfläche gepumpte Wasser so salzhaltig ist, dass es weder als Trinkwasser noch für die Landwirtschaft genutzt werden kann.

Fakt ist darüber hinaus, dass Lithium seit Jahrzehnten auf dieselbe Weise abgebaut und verwendet wird. Bislang übersteigt die Lithiumnachfrage für Anwendungen der chemischen Industrie und Mobilgeräte die der für EVs.

3. Lithium-Ionen-Akkus lassen sich zu bis zu 96% recyceln. Wie werden die extrahierten Stoffe weiterverwendet?

Heute wird beim industriellen Batterierecycling größtenteils nach dem Grundsatz des Düsenfeldverfahrens oder der elektrohydraulischen Zerkleinerung („Crushing”) vorgegangen. Beide Techniken ermöglichen es, einzelne Metalle (z. B. Mangan, Graphit, Kobalt, Nickel und Lithium) sowie zusammenhängende wertvolle Komponenten (z. B. Elektroden, Separatoren oder Elektrofolien) zurückzugewinnen, die sich direkt wieder für die Herstellung neuer Batterien verwenden lassen. Hierbei werden nicht nur Ressourcen geschont, sondern es fallen beim eigentlichen Fertigungsprozess mit recycelten Elementen auch weniger Schadstoffe an. Die CO2-Bilanz während des Recyclings für die Akkuherstellung verringert sich damit um rund 40% gegenüber der Herstellung aus gänzlich neu gewonnenen Rohstoffen.

4. Für viele ist Wasserstoff der Energieträger der Zukunft. Sehen Sie das auch so?

Es ist hohe Zeit, zu verstehen, dass Wasserstoff nicht der Energieträger der Zukunft ist. Er ist längst da! Die Debatte „Wasserstoff oder Akkus“ hat sich somit längst erübrigt und führt sicherlich nicht zu einer weiteren Verbreitung sauberer Energien. Anstatt zu versuchen, eine der beiden Technologien aus dem Markt zu verdrängen, um die andere zum Erfolg zu führen, sollten Akteure aus der Industrie allmählich weitsichtiger denken. Nur dann, wenn wir uns aller verfügbaren grünen Technologien bedienen, können wir eine rundum nachhaltige Gesellschaft erreichen.

Bei dieser ist Wasserstoff ein bedeutendes Puzzleteil. Er ist zwar 40% weniger effizient, als herkömmliche Lithium-Ionen-Batterien, stellt jedoch bei Weitem den effizientesten Energieträger dar: Wasserstoff kann je Kilogramm 210 Mal mehr Energie speichern (als herkömmliche Lithium-Ionen-Batterien).

5. Handelt es sich bei einem Wasserstoffauto nicht eigentlich um ein Elektroauto? Und benötigen wir letztlich nicht Strom, um Wasserstoff herzustellen?

Grüner Wasserstoff erfordert Strom, der aus erneuerbaren Energien gewonnen wird, für die Elektrolyse, bei welcher Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff aufgespalten wird. Demgegenüber werden grauer und blauer Wasserstoff mithilfe fossiler Brennstoffe (und unter hohen Temperaturen und Drücken) hergestellt.

Kommt der erzeugte Wasserstoff in Brennstoffzellen zur Anwendung, so wird unabhängig davon, ob es sich um grünen, blauen oder grauen Wasserstoff handelt, Strom erzeugt, um einen Elektromotor anzutreiben, genau wie bei einem rein elektrischen Fahrzeug.

6. Wie lautet Ihr Fazit? Diesel, Verbrenner oder Elektroauto – welche Option bewirkt die geringste Umweltverschmutzung?

Bei Weitem das Elektrofahrzeug! Die wissenschaftlichen Fakten sprechen eine eindeutige Sprache.

7. Welche fünf Nachhaltigkeitstipps haben Sie zum Elektroauto?

Fünf Nachhaltigkeitstipps zum Elektroauto

Aus meiner Sicht wird Elektromobilität noch nachhaltiger werden, sofern:

1. die Fahrzeuge effizienter, kleiner und leichter werden,

2. der Strom aus erneuerbaren Energien stammt,

3. bei der Herstellung und dem Recycling der Akkus nachhaltigere Materialien zum Einsatz kommen,

4. Elektrofahrzeuge zunehmend in Fuhrparks verwendet werden und

5. sie der „autofreien“ Stadt den Weg bahnen.

Über diesen Blog:

 
Der rasche Wandel hin zu globaler ökologischer Nachhaltigkeit ist dringend geboten. Dank all jener, die diesen Wandel aktiv gestalten, ist echter Fortschritt möglich. „Warum ist das wichtig?“ ist eine zweimonatliche Serie, die einen kurzen Blick auf Pioniere der heutigen Trends rund um das Thema Nachhaltigkeit wirft. Seit Mai 2021 versuchen wir, dieses wichtige Thema aus dem Blickwinkel unserer Experten zu beleuchten.

 
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