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Thorunn Egilsdottir
Corporate Communication Manager
16. August 2021

Warum Recycling so wichtig ist.

Getränkedosen, Kaffeekapseln, Karton, Aluminium oder Plastik – die Supermarktregale sind gefüllt mit verpackten Produkten während der Online-Handel längst dem Verpackungswahnsinn verfallen ist. Versinken wir im Müll? Was nützt Recycling? Thomas Hoffmann von SuperDrecksKëscht erklärt uns warum Luxemburg von der EU-Kommission als beispielhaft gelobt wird und gibt uns Tipps, wie wir nachhaltiger leben können.

1. Herr Hoffmann, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, uns zu erklären, wie wir dazu beitragen können, den CO2-Fußabdruck Luxemburgs zu verringern. Plastik braucht Hunderte von Jahren, um zu zerfallen. Es muss das schwierigste Material sein, mit dem Sie zu tun haben?

Das stimmt. Wegen der vielen unterschiedlichen Anwendungsgebiete und Kunststoffarten ist es schwierig, hier Patentlösungen anzubieten. In Industrie und Handwerk gibt es zudem viele technische Anwendungen, wo es keine Alternativen gibt. Was Verpackungen betrifft, so gibt es im Bereich Recycling bereits gute Lösungen. Schwierigkeiten bereitet hier die Vermeidung.

Die Spuerkeess hat rezent am „Projekt Zero Single Use Plastik“ teilgenommen, ein Projekt welches vom IMS mit Unterstützung des MECDD[1] organisiert und auch von der SDK[2] begleitet wurde.

Hier ging es vor Allem um Verpackungen von Getränken und Lebensmitteln, die in Büros und Verwaltungen vorkommen und wie diese durch alternative Produkte ersetzt werden können.

Es gibt noch viel zu tun, aber vor Allem in der Zusammenarbeit verschiedener Akteure können mehr und mehr Lösungen gefunden werden, um das ‚Plastikproblem‘ zu lösen.

Plastik ist nicht per se schlecht. Das Umweltministerium hat sich bei der Ecobox – Mehrwegbehälter für den Transport von Speisen – bewusst für Plastik entschieden, weil Kunststoff sowohl praktisch als auch hygienisch ist. Davon abgesehen, kann man es immer wieder recyceln.

[1] Ministère de l’Environnement, du Climat et du Développement durable

[2] SuperDrecksKëscht

2. Welche anderen Materialien sollten/müssen Luxemburgs Verbraucher recyceln und was sind die wichtigsten Auswirkungen des Recyclings?

Weitere gute verwertbare Abfallprodukte sind Papier, Kartonagen und Glas. Die Verpflichtung mindestens diese 3 Kategorien sowie Kunststoffe getrennt zu erfassen, um sie einem Recycling zuzuführen, steht im aktuell gültigen Abfallgesetz von 2012.

Generell sind fast alle getrennt erfassten Abfallprodukte bis auf wenige Ausnahmen wie z.B. Medikamente oder Pestizide recycelbar. Daher hat die Luxemburger Regierung im vergangenen Herbst auch eine Null-Abfall-Strategie veröffentlicht, die das Ziel hat, den nicht verwertbaren Restabfall auf null zu reduzieren.

Die SDK hat das Instrument Ressourcenpotential entwickelt, welches es ermöglicht, Recyclingprozesse im Hinblick darauf zu prüfen, wieviel Sekundärrohstoffe am Ende produziert werden, d.h. wie ‚gut‘ der Recyclingprozess ist. Ein solches Instrument ist ein wichtiges Tool im Rahmen einer „Circular Economy“.

Gute Recyclingprozesse bedeuten Schutz unserer Ressourcen und da der Energieaufwand bei Nutzung von Sekundärrohstoffen auch geringer ist, Klimaschutz und Verringerung des Carbon Footprint.

Nicht vergessen werden darf hierbei aber, dass an erster Stelle immer noch die Vermeidung und Wiederbenutzung stehen muss. Ein gutes Beispiel ist hier das Wieder befüllen von Tonerkartuschen

3. Gibt es negative Seiten des Recyclings?

Unter Recycling wird eine ganze Reihe von Verwertungsverfahren subsummiert. Positiv zu bewerten sind aber vor Allem geschlossene Kreisläufe, wie sie bei Glas, Metall und zu einem großen Teil auch noch bei Papier und Karton funktionieren. Das beste Beispiel ist das aus alten Glasflaschen wieder neue Glasflaschen produziert werden können.

Beim sogenannten Downcycling, das vor Allem bei Kunststoffen verbreitet ist, die nicht sortenrein sortiert werden können, werden aus den Sekundärrohstoffen minderwertigere Produkte hergestellt. Nach dem ‚zweiten Leben‘ können diese dann oft nur noch thermisch verwertet, also unter Energieerzeugung verbrannt werden. Eine echte Kreislaufwirtschaft ist das nicht.

Recycling um jeden Preis ist nicht immer sinnvoll, vor Allem, wenn es sich um Verbundstoffe oder gemischte Produkte handelt. Hier gibt es inzwischen Instrumente, wie das sogenannte PCDS (Product Circularity Data Sheet), welches angibt, wie gut ein Produkt recycelbar ist. Es wurde rezent vom Luxemburger Ministère de l'Économie vorgestellt

4. Deutschland ist der Klassenbeste in Sachen Recycling. Wie ist die aktuelle Situation in Luxemburg? Wie schneiden wir im Vergleich zum Rest Europas ab?

Ohne Deutschland zu nahe treten zu wollen, aber generell kann man das so nicht sagen. Die führende Position von Deutschland ist zum Teil auf Unterschiede in statistischen Erfassungsmethoden zurückzuführen. Diese werden auf EU-Ebene erst nach und nach vereinheitlicht.

Luxemburg lag 2019 mit etwa 49 % Recyclingrate bei Haushaltsabfällen über dem EU-Durchschnitt und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Statistik in Luxemburg auf besseren Daten als in anderen Ländern beruht, kann man davon ausgehen, dass Luxemburg mit an der Spitze liegt. Bei Produkten wie Batterien oder Elektro-/Elektronik liegt Luxemburg z.B. weit vor Deutschland.

Auch was die Erfassung von Problemabfällen angeht wurde Luxemburg rezent von der EU-Kommission als beispielhaft für die ganze EU hervorgehoben.

5. Warum gibt es in Luxemburg kein Flaschenpfand ?

In einigen Bereich, wie etwa bei Bier und Softdrinks besteht ja bereits ein Mehrwegsystem mit Pfand. Es gibt Überlegungen auch wieder im Bereich von Weinflaschen ein Mehrwegsystem einzuführen. Dazu wäre eine zentrale Flaschenreinigungsanlage notwendig.

Was ein Pfand auf Einwegverpackungen wie in Deutschland angeht, so scheuten die Verantwortlichen aufgrund der Situation von Luxemburg als Transitland und der hohen Zahl der Grenzgänger bisher davor zurück. Ein nationaler Alleingang bei einem Einwegpfand wäre sehr aufwändig und mit vielen Problemen verbunden. Luxemburg strebt daher an, mit Belgien und den Niederlanden eine gemeinsame Lösung zu finden

6. Manche Menschen sehen nicht die Notwendigkeit, zu recyceln. Was sind die Hauptbeschwerden von Verbrauchern gegenüber Unternehmen?

Man trifft immer noch auf das Vorurteil, dass am Ende ja doch alles vermischt wird oder dass sich Recycling nicht lohnt. Der generelle Wissensstand der Bevölkerung hat in den letzten Jahren jedoch stark zugenommen und dass die Themen Klimaschutz, Energie- und Ressourcenverbrauch und auch Biodiversität eng zusammenhängen, wird immer mehr Menschen bewusst.

Auch die Wirtschaft hat erkannt, dass Kreislaufwirtschaft in Zeiten von Ressourcenknappheit ein sinnvolles ökonomische und ökologische Instrument zum Erhalt der eigenen Geschäftsgrundlage ist.

Vorurteile gegen Recycling basieren in der Regel auf Unkenntnis. Information und Weiterbildung sind daher wichtige Instrumente.

Die SDK arbeitet z.B. mit dem ULC, dem Luxemburger Konsumentenschutzbund zusammen und nutzt eine Vielzahl von Instrumenten der Pressearbeit und führt zusammen mit Partnern spezifische Kampagnen durch.

Die Angebot der SDK Akademie richten sich an Kinder, Jugendliche und Erwachsene in enger Zusammenarbeit mit dem Ministère de l'Éducation nationale, de l’Enfance et de la Jeunesse und anderen Bildungseinrichtungen.

Wichtig ist natürlich auch die Sensibilisierung aller Mitarbeiter der Unternehmen und Einrichtungen, die an die SDK fir Betriber angeschlossen sind.

7. Es gibt Sicherheitsherausforderungen, zu denen chemische Exposition, Explosionen von brennbarem Staub und Gefahren beim Maschinenschutz gehören.

Wie geht SuperDrecksKëscht mit solchen Problemen um? Welche Lösungen haben Sie umgesetzt?

Dies betrifft die problematischen Abfallprodukte, mit der die SDK immer wieder zu tun hat, auch wenn diese Alles in Allem nur einen Bruchteil der Abfallprodukte betrifft.

Die SDK setzt hier auf Aufklärung, Weiterbildung und Maßnahmen, die jeder versteht und in die Praxis umsetzen kann. Sicherheit, sowohl im Umgang als auch bei der Lagerung von Abfallprodukten ist elementarer Bestandteil des Konzeptes zur Abfallvermeidung und –bewirtschaftung für Betriebe und Einrichtungen.

Die SDK schult ihr eigenes Personal und auch das Personal der Recyclingcentren zusammen mit Partnern intensiv und laufend bezüglich des Umganges mit gefährlichen Abfallprodukten oder z.B. in Zusammenhang mit den Angeboten zur ökologischen Reinigung mit Reinigungsprodukten.

Der Konsument wird über alle Instrumente der Öffentlichkeitsarbeit informiert, auch hier in enger Abstimmung mit anderen Akteuren, etwa dem Konsumentenschutzbund oder den Gemeinden.

8. Gibt es etwas, das Sie hinzufügen möchten?

Abfallvermeidung, nachhaltiger Konsum, Reduzierung des CO2-Fussabdruckes muss nicht Verzicht heißen. Im Gegenteil. Bewusster und achtsamer Konsum im Einklang mit Natur und Umwelt kann glücklicher machen. Und wir können den Erwartungen unserer Kinder und Enkel und der zukünftigen Generationen gerecht werden.

9. Was sind Ihre fünf Nachhaltigkeitstipps für unsere Leser?

Die Fünf Tipps für nachhaltiges Verhalten:

1. Kaufen Sie langlebige und qualitativ hochwertige Produkte, die auch repariert werden können. Second Hand-Produkte stehen neuen Produkten in der Regel in Nichts nach.

2. Achten Sie auf Umwelt- und Nachhaltigkeitssiegel, etwa auf das Logo Clever akafen oder Biolabel oder Label für fairen Handel.

3. Konsumieren Sie regional und saisonal. So können Sie – etwa bei Obst und Gemüse – auch Verpackungen sparen und somit Abfall vermeiden. 

4. Das alte Motto – global denken, lokal handeln – hat an Aktualität nichts verloren. Mit vielen kleinen Schritten und persönlichen Verhaltensänderung können wir die Welt verändern.

5. Und zu guter Letzt, trennen Sie ihre verbleibenden Abfallprodukte und nutzen Sie die Angebote in Ihrer Gemeinde – Recyclingcenter, Holsammlung von Verpackungen, mobile Sammlung der SuperDrecksKescht.

Über diesen Blog:

 
Der rasche Wandel hin zu globaler ökologischer Nachhaltigkeit ist dringend geboten. Dank all jener, die diesen Wandel aktiv gestalten, ist echter Fortschritt möglich. „Warum ist das wichtig?“ ist eine zweimonatliche Serie, die einen kurzen Blick auf Pioniere der heutigen Trends rund um das Thema Nachhaltigkeit wirft. Seit Mai 2021 versuchen wir, dieses wichtige Thema aus dem Blickwinkel unserer Experten zu beleuchten.

 
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